Italiens Flüchtlingszentrum in Albanien: Problem abgeschoben

Nur nicht erst italienischen Boden berühren lassen. Italien will sich mit Flüchtlingslagern in Albanien der Asylverfahren daheim entledigen.

Luftaufnahme von einem Schlauchboot mit einer Gruppe Flüchtender

Wer von Italiens Polizei auf hoher See abgefangen wird, soll demnächst gleich nach Albanien abtransportiert werden Foto: Polizia die Stato/dpa

Das Flüchtlingsdrama „Ich Capitano“ war in diesem Jahr der große Gewinner des italienischen Filmpreises David di Donatello. Der Film von Matteo Garrone über die Flucht zweier Afrikaner nach Europa bekam in Rom insgesamt sieben Auszeichnungen – darunter in den Kategorien bester Film und beste Regie. Siebenmal den David – italienisch-europäische Hochkultur im Kleinformat. Die jetzt in Italien eintreffenden Flüchtenden werden anders als die Schauspieler des Films wohl kaum mit Wohlgefallen überhäuft.

Dafür wird die rechtsgerichtete Regierung schon sorgen. Mit ihrem Vorschlag, die Flüchtenden nach Albanien auszulagern, konnte sie sogar nicht nur in der italienischen Öffentlichkeit punkten, sondern auch schon in anderen Ländern Europas. Italien kommt das spezielle Verhältnis mit Albanien entgegen, denn die faschistische Führung unter Benito Mussolini hatte in den 1930er Jahren sehr gute Beziehungen zu den damaligen Herrschern in Tirana.

Heute wird vieles nicht mehr durch Ideologien, sondern ganz pragmatisch mit Geld geregelt. Man kann das Scharren der Hufe jetzt auch schon in Deutschland hören. Auch wenn in den meisten Medien bisher eher neutral und emotionslos über die Deals England/Ruanda und Italien/Albanien berichtet wird. In den einschlägigen rechten Kreisen jedoch spricht man schon Klartext.

Noch hat Deutschland zwar kein Partnerland gefunden, wie die es Italiener haben, die demnächst ein Flüchtlingszentrum in Albanien bauen, um dort und nicht auf italienischem Boden die Asylanträge zu bearbeiten. Das Prinzip funktioniert so: Wir bezahlen jene Spekulanten, die für uns die Drecksarbeit übernehmen, sparen auf der anderen Seite Geld für die Asylverfahren im eigenen Land, und die Masse der Asylanten wird dann von anderen abgeschoben.

Die Spitze der Heuchelei ist, dass das Ganze auch noch als humanitäres Vorgehen angepriesen wird. Die Menschen werden in die neuen speziellen Einrichtungen eingepfercht, von hohen Mauern umgeben, ohne die Möglichkeit auf eine faire Behandlung und weit weg von dem Europa „Davids“ und dem Glanz des Filmfestivals.

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Erich Rathfelder ist taz-Korrespondent in Südosteuropa, wohnt in Sarajevo und in Split. Nach dem Studium der Geschichte und Politik in München und Berlin und Forschungaufenthalten in Lateinamerika kam er 1983 als West- und Osteuroparedakteur zur taz. Ab 1991 als Kriegsreporter im ehemaligen Jugoslawien tätig, versucht er heute als Korrespondent, Publizist und Filmemacher zur Verständigung der Menschen in diesem Raum beizutragen. Letzte Bücher: Kosovo- die Geschichte eines Konflikts, Suhrkamp 2010, Bosnien im Fokus, Berlin 2010, 2014 Doku Film über die Überlebenden der KZs in Prijedor 1992.

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