Kinoempfehlungen für Berlin: In abwegigen Gefilden

Das Babylon MItte feiert seinen 95. Geburtstag mit dem Festival „Slapstick Live“, eine Dokumentation erzählt von 54 Jahren Besatzung in Palästina.

Filmstill: Eine Hochzeitsgesellschaft in Schwarz-Weiß

„His Wooden Wedding“ (1925) Foto: Babylon Mitte

Der israelische Regisseur Avi Mograbi ist bekannt für seine innovativen und sarkastischen Essay-Dokumentationen, die sich mit klar dezidierter politischer Haltung mit Missständen in seinem Heimatland auseinandersetzen.

Natürlich handeln die Filme oft vom Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern: In „The First 54 Years – An Abbreviated Manual for Military Occupation“ (2021) gibt Mograbi auf seinem Sofa sitzend Tipps für eine erfolgreiche militärische Besetzung – es geht um die Okkupation der von Palästinensern bewohnten Westbank und des Gazastreifens durch Israel seit dem sogenannten Sechstagekrieg von 1967.

Der Film ist dabei auch ein mit historischem Bildmaterial unterfütterter chronologischer Abriss dieser seit über 50 Jahren währenden Besetzung, doch sein Herzstück sind die Aussagen von ehemaligen Soldaten aus dem Umkreis der in Israel sehr umstrittenen NGO „Breaking the Silence“, die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Menschenrechtsverletzungen und den militärischen Alltag in den besetzten Gebieten zu dokumentieren.

Die Schilderungen der Augenzeugen von der Vertreibung von Flüchtlingen, den Kollektivbestrafungen und den Militärgerichten lassen den Zynismus einer Maschinerie erkennen, in der sich das Mittel der Gewalt immer weiter verselbstständigt hat. „Es ist eine andere Welt mit anderen Regeln“, sagt einmal einer der Ex-Soldaten.

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Und was hat das alles gebracht? Man braucht nur die abendlichen Nachrichten anzusehen, um zu erkennen, dass man mit Gewalt und Gegengewalt in all den Jahren keinen Schritt weitergekommen ist. Zu sehen ist „The First 54 Years – An Abbreviated Manual for Military Occupation“ im Rahmen des Spotlight-Programms des 15. Alfilm Festivals, das in Berlin noch bis zum 30. April läuft (28. 4., 17 Uhr, City Kino Wedding).

Ende April 1929, also vor 95 Jahren, öffnete das Kino Babylon erstmals seine Türen – damals noch als Stummfilmkino. Anlass genug für das vom 26. April bis zum 5. Mai stattfindende Festival „Slapstick Live“, bei dem sowohl Klassiker als auch etwas unbekanntere Komödienfilme der 1920er Jahre mit musikalischer Begleitung durch insgesamt zehn verschiedene Mu­si­ke­r:in­nen zum Einsatz kommen.

Chaplin, Keaton und Lloyd kennt ja ganz zu Recht nahezu jede:r, aber hochamüsant und empfehlenswert sind auch etwas weniger bekannte Komiker wie etwa Charley Chase, der gemeinsam mit dem Regisseur Leo McCarey an einer „domestic comedies“ genannten Frühform der Screwball-Komödie arbeitete.

Ein schönes Beispiel ist „His Wooden Wedding“ (1925), in dem sich die Geschichte um das vermeintliche Holzbein einer Braut durch irrwitzige Zufälle und Verwicklungen zusehends in immer abwegigere Gefilde begibt (1. 5., 17 Uhr, Babylon Mitte).

Ein Film, bei dem sich der Gang ins Kino allemal lohnt, ist „Tenet“ von Christopher Nolan: eine wilde Agentengeschichte mit einem schwarzen „James Bond“, in der dank seltsamer Verwirbelungen von Zeitebenen die Autos in spektakulären Verfolgungsjagden auch mal gleichzeitig vorwärts und rückwärts fahren. Das Kino Arsenal zeigt „Tenet“ in seiner Reihe mit Filmen im 70mm-Format (1. 5., 20 Uhr, Kino Arsenal).

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Lars Penning, geboren 1962. Studium der Publizistik, Theaterwissenschaft und der Allgemeinen und Vergleichenden Literaturwissenschaft an der FU Berlin. Freier Filmjournalist. Buchveröffentlichungen: Cameron Diaz (2001) und Julia Roberts (2003). Zahlreiche filmhistorische und –analytische Beiträge für verschiedene Publikationen. Lebt in Berlin.

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